Adidas im Fokus: Virussorgen unterbrechen Rekordlauf

Beim Sportartikelkonzern Adidas
boomt es seit Jahren. Seitdem der Däne Kasper Rorsted
im Oktober 2016 das Ruder übernommen hat, hat er die Profitabilität
des Konzerns kontinuierlich nach oben getrieben. Die Aktie kletterte
auf immer neue Höhen. Dass es ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2019 eine
kleine Wachstumsdelle gegeben hat, ärgerte Aktionäre nur kurz. Mehr
Sorgen bereitet Investoren derzeit die Ausbreitung des neuartigen
Coronavirus. Gerade das besonders stark betroffene China gehört zu
den wichtigsten Einzelmärkten der Herzogenauracher. Was bei Adidas
los ist, was Analysten sagen und was der Aktienkurs macht.

Die Lage bei Adidas:

Adidas dürfte im vierten Quartal einen Schlussspurt hingelegt
haben. So sprach Rorsted jüngst in einem Zeitungsinterview von einem
sehr guten Weihnachtsgeschäft. Bereits bei der Vorlage der Zahlen zum
dritten Quartal hatte der Adidas-Chef ein deutlich schnelleres
Wachstum im Schlussquartal angekündigt. Das würde ein weiteres
Rekordjahr für den Konzern bedeuten. Der Gewinn dürfte prozentual
zweistellig gewachsen sein. Das Umsatzwachstum bliebe jedoch mit
zuletzt erwarteten währungsbereinigten rund 6,5 Prozent dahinter
zurück.

Es wäre allerdings das schwächste Wachstum seit Jahren, die
Konkurrenz wächst derzeit deutlich schneller. Hintergrund waren
Lieferengpässe in den USA insbesondere in der ersten Jahreshälfte.
Adidas hatte dabei die Nachfrage vor allem im mittleren Preissegment
unterschätzt. Um die Kunden zu bedienen, musste das Unternehmen die
Ware per Luftfracht aus anderen Regionen herbeischaffen – was zuletzt
auch die Marge belastete. Dazu kam, dass der Sportartikelhersteller
in der Vergangenheit angesichts der guten Geschäft in den USA und
China den europäischen Markt etwas vernachlässigt hatte. Erst im
dritten Quartal kehrte Adidas hier wieder auf den Wachstumspfad
zurück.

2019 sollte möglichst ein Ausrutscher bleiben. 2020 stehen mit
der Fußball-Europameisterschaft sowie den Olympischen Spielen in
Tokio wieder zwei sportliche Großereignisse an, die das Wachstum
ankurbeln sollen. Doch die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus
dürften Adidas zumindest im ersten Quartal schwer belasten und dem
Unternehmen einen Strich durch die Rechnung machen. So sei eine
erhebliche Anzahl eigener sowie auch Partnerläden derzeit
geschlossen, räumte Adidas Mitte Februar ein. In den übrigen Läden
sei das Kundenaufkommen zudem deutlich gesunken. Infolgedessen liege
die Geschäftstätigkeit in China seit dem chinesischen Neujahr am 25.
Januar etwa 85 Prozent unter dem Vorjahresniveau, hieß es.

Auch Puma und Nike hatten vor
erheblichen Auswirkungen gewarnt. China gehört zu den wichtigsten und
profitabelsten Märkten sowohl von Adidas als auch von Puma. Dazu
spielt das Land bei der Beschaffung eine wesentliche Rolle, auch wenn
die Konzerne ihre Abhängigkeit in den letzten Jahren deutlich
reduziert haben. Investoren hoffen auf eine kurzfristige Delle. Denn
eigentlich boomt die Sportartikelbranche und zeigte sich vor Ausbruch
des Virus resistent gegen die schwächere Weltkonjunktur sowie die
politischen Unsicherheiten rund um den Erdball.

In diesem Jahr steht die neue Mittelfristplanung auf der Agenda.
Rorsted, der seit seiner Zeit als Henkel-Chef dafür
bekannt ist, jeden noch so kleinen Stein umzudrehen, um die
Profitabilität zu steigern, hatte zunächst die Strategie seines
Vorgängers Herbert Hainer aus dem Jahr 2015 fortgeführt. Nicht einmal
ein halbes Jahr nach Amtsantritt zog er die Zügel an – Adidas sollte
bis 2020 schneller wachsen und mehr Gewinn abwerfen als zunächst
geplant. Dabei setzte Rorsted vor allem auf die USA, wo Konkurrent
Nike immer noch mit Abstand Marktführer ist. Auch China und Europa
sollten zur Beschleunigung des Wachstums beitragen. Im Onlinegeschäft
machte Rorsted ebenfalls mehr Tempo.

In den letzten Jahren hat Adidas stetig gehalten, was der Konzern
versprochen hat oder schnitt sogar besser ab als angenommen. Die
weiteren Erwartungen an das Management dürften daher von Seiten der
Investoren hoch sein.

Das sagen Analysten:

Vor Veröffentlichung der neuen Strategie und mit Blick auf die
Unsicherheiten durch das Coronavirus nimmt die Mehrheit der im
dpa-AFX Analyser berücksichtigten Experten eine abwartende Haltung
ein. Jedoch rät eine ganze Reihe von Experten weiter zum Kauf. Zu den
Optimisten etwa gehört Piral Dadhania vom Analysehaus RBC. Er hält
Adidas in dem strukturell attraktiven Markt für gut positioniert.
Allerdings reduzierte er Anfang März die Schätzungen für Umsatz und
das operative Ergebnis für 2020. Die Epidemie des Coronavirus dürfte
das Gewinnwachstum auf dem profitablen Markt Festlandchina begrenzen.
China sei der wichtigste Absatzmarkt für das Unternehmen, betonte er.

Graham Renwick von der Privatbank Berenberg sieht die Sorgen der
Anleger vor den Virusauswirkungen ebenfalls, warnt aber davor, die
insgesamt fundamental gute Situation für den Sportartikelkonzern
nicht aus den Augen zu verlieren. Jefferies-Analyst James Grzinic
senkte ebenfalls seine Schätzungen. Seine optimistische Haltung zur
Branche sei trotz allgemein reduzierter Gewinnschätzungen
ungebrochen, erklärte er. Etwas vorsichtiger blieben die Experten von
Credit Suisse, die auf die Empfindlichkeit des
Sportartikelherstellers gegenüber einer nachlassenden
Wachstumsdynamik in China verwiesen.

Daher warten Investoren mit Spannung auf den 11. März. Adidas hat
zur Vorlage der Bilanz weitere Details zu den Auswirkungen des
Coronavirus auf das Geschäft angekündigt. Für Chiara Battistini von
JPMorgan steht dabei ebenfalls der Ausblick im Mittelpunkt.
Einerseits wegen der Unsicherheiten aus China und andererseits, da
2020 das letzte Jahr des fünfjährigen Wachstumsstrategie-Plans ist.
Vor allem in den Bereichen Fußball, Originals und Running hatte sich
Adidas vor Jahren die Marktführerschaft als Ziel für Ende 2020
gesetzt.

Das macht die Aktie:

Für die Aktionäre hat sich Rorsteds Wirken an der Konzernspitze
bezahlt gemacht. In etwas mehr als drei Jahren verdoppelte sich der
Wert der Papiere. Von 150 Euro zum Zeitpunkt seiner Amtsübernahme
ging es sukzessive nach oben. 2019 hatten die Adidas-Papiere mit
einem Kursplus von rund 59 Prozent denn auch wie schon 2018 den
Sprung unter die Top 3 im deutschen Leitindex Dax
geschafft. Mitte Januar 2020 erreichte der Kurs mit 317,45 Euro den
bislang höchsten Stand seiner knapp 25-jährigen Börsengeschichte.

Den Stand konnte die Aktie mit der zunehmenden Skepsis der
Investoren gegenüber den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus aber
nicht halten. Seit Ende Januar geht es kontinuierlich bergab. Mitte
Februar geriet der Kurs noch einmal richtig ins Rutschen und notiert
aktuell bei rund 240 Euro. Investoren haben Angst, dass Konsumenten
wegen der Epidemie daheim bleiben und weniger Geld für Kleidung
ausgeben.

Trotz der jüngsten Kursverluste bringt es Adidas immer noch auf
einen Börsenwert von rund 48 Milliarden Euro, was für einen Platz in
den Top Ten des Dax reicht. Zum Vergleich: Der US-Rivale Nike bringt
es auf eine Marktkapitalisierung von umgerechnet 126 Milliarden Euro.
Beim kleineren Konkurrenten Puma sind es etwa 9,5 Milliarden
Euro. (dpa)

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