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EU-Kommission will Vernichtung unverkaufter haltbarer Waren verbieten

Handys, die pünktlich nach Ablauf der
Garantie kaputt gehen. Fabrikneue Ware, die auf den Müll kommt.
Verpackungen, mit denen nichts mehr anzufangen ist. All das will die
EU-Kommission mit einem am Mittwoch vorgestellten Aktionsplan zur
Müllvermeidung stoppen. Geräte sollen länger nutzbar werden,
Verbraucher ein „Recht auf Reparatur“ bekommen und Hersteller ihre
Produkte von vorneherein entsprechend konstruieren. Umweltschützer
und Entsorger finden den Ansatz gut. Doch aus der Industrie kommt
Gegenwind.

Mit ihrem Aktionsplan will die EU-Kommission endlich der seit
Jahrzehnten angestrebten „Kreislaufwirtschaft“ näher kommen. Denn
heute produziert jeder Europäer nach Angaben der Entsorger jährlich
488 Kilogramm Haushaltsmüll. Pro Kopf entfallen 176 Kilo
Verpackungsabfall. „Der einzige Weg ist: nach unten“, sagte
EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius. Sonst sei auch das Ziel
einer klimaneutralen EU bis 2050 nicht zu schaffen.

Der Aktionsplan ist im wesentlichen ein Katalog von
Ankündigungen, die in den nächsten Monaten und Jahren in
Gesetzesvorlagen gegossen werden sollen. Dazu zählen:

– neue Vorschriften für die Konstruktion von Handys, Tablets und
Laptops, die in der EU verkauft werden. Die Geräte sollen
grundsätzlich reparierbar und dadurch länger nutzbar werden, etwa mit
austauschbaren Akkus und Software-Updates. Der Rahmen dazu ist die
Ökodesign-Richtlinie.

– ein Verbot der Vernichtung unverkaufter haltbarer Waren

– neue Vorschriften gegen „übermäßige“ Verpackungen

– neue Vorschriften zur Verwendung von recyceltem Material in
Kunststoffen, zur Vermeidung von Mikroplastik und zur Nutzung von
biologisch abbaubaren Kunststoffen.

– ein Gesetzesvorstoß, um Wegwerfverpackungen und Besteck in der
Fast-Food-Branche mit wiederverwendbaren Alternativen zu ersetzen

– eine Strategie zum Recycling von Kleidung und Textilien

– eine Strategie zur Wiederverwendung von Baustoffen, die heute
zu 80 Prozent als Schutt enden.

Die Kommission argumentiert vor allem mit dem Nutzen für Umwelt
und Klima. Die Hälfte aller Treibhausgase entstehe beim Abbau und bei
der Verarbeitung neuer Rohstoffe, die bei Wiederverwendung geschont
werden. Heute kämen aber nur zwölf Prozent der genutzten Rohstoffe
zurück in den Wirtschaftskreislauf. „Wir haben nur einen Planeten
Erde, aber 2050 werden wir so viel konsumieren, als hätten wir drei
davon“, formulierte Sinkevicius. Wiederverwertung müsse die Norm
werden. Gleichzeitig verwies er auf wirtschaftliche Vorteile: die
Chance auf innovative Produkte und auf 700 000 neue Jobs bis 2030.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze sieht sich durch den
EU-Aktionsplan in ihrem Kurs bestätigt. „Vieles von dem, was das
Bundesumweltministerium in den vergangenen Monaten angestoßen hat,
findet sich jetzt auch auf europäischer Ebene wieder“, teilte die
SPD-Politikerin am Mittwoch mit. Sie kündigte an, dass Deutschland
seine Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr nutzen werde, „um
Europa auf dem Weg hin zu weniger Abfall, langlebigeren Produkten und
mehr Recycling entscheidende Schritte voranzubringen.“

Auch Entsorger und Recycler sehen den Vorstoß aus Brüssel
positiv. „Die Initiative könnte ein Meilenstein für den Klima- und
Ressourcenschutz in der EU werden“, lobte der Verband Kommunaler
Unternehmen, in dem auch Entsorger organisiert sind. Entscheidend sei
nun, dass die Pläne nicht verwässert würden. Der Deutsche Industrie-
und Handelskammertag warnte hingegen vor einer Überforderung kleiner
Unternehmen und forderte eine Umsetzung mit Augenmaß.

Der Elektronik-Branchenverband Bitkom kritisiert unter anderem
die Pläne für ein „Recht auf Reparatur“. „Eine Verpflichtung, eine
Vielfalt von Ersatzteilen für lange Jahre auf Vorrat zu produzieren
und einzulagern, dürfte mehr Müll erzeugen als vermeiden“, warnte
Bitkom. Außerdem könnten etwa Smartphones, die flach, leicht,
leistungsfähig, wasser- und staubdicht sein sollten, nicht so
konstruiert werden, dass jeder Nutzer sie einfach aufschrauben könne.

Klar ist, dass die EU-Pläne der Industrie einiges abverlangen.
Der Ansatz, in kurzen Abständen immer neue Modelle in den Markt zu
drücken, würde ins Leere laufen. Stattdessen schwebt der Kommission
ein neues Geschäftsmodell vor: Dienstleistungen statt Warenverkauf.
Was gemeint ist, erläuterte Kommissionschefin Ursula von der Leyen
neulich am Beispiel Waschmaschinen: Statt ein Gerät zu verkaufen,
könnten Hersteller sich eine bestimmte Zahl von Waschzyklen vergelten
lassen. Der Anreiz, ein Gerät von begrenzter Haltbarkeit zu bauen,
fiele damit weg./vsr/DP/men (dpa)

111708 Mar 20

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