Mailand ist Mode, Mailand ist Versace. Mailand ist jetzt aber auch
Symbol für die Corona-Krise. Für die Modeschöpferin Donatella Versace
gibt es deshalb trotz Geburtstag wenig Grund zu feiern. Aber auch in
der Quarantäne steht sie nicht still.
Das Coronavirus macht in Italien in einer Hinsicht keinen
Unterschied zwischen arm und reich: Alle müssen zuhause bleiben. Auch
die, die normalerweise um den Globus reisen, die ein besonders
beschleunigtes Leben leben. Zum Beispiel die Luxus-Modedesigner aus
Mailand. Dort in der Lombardei grassiert die Lungenkrankheit Covid-19
besonders schlimm. Also musste auch Designerin Donatella Versace in
Quarantäne. Zu ihrem 65. Geburtstag am 2. Mai werden die strikten
Ausgangssperren in Italien noch nicht aufgehoben sein.
«Ich brauche Bewegung. Ich muss unter Menschen sein. Ich muss reisen.
Ich bin kein statischer Mensch, und diese Gefangenschaft ist sehr
hart», sagte sie dem Magazin «GQ Australia». Sie lebe alleine,
telefoniere aber jeden Tag mit ihren beiden Kindern Allegra und
Daniel. «Wir haben es schon vor der Quarantäne getan, aber ich habe
das Gefühl, dass das bei all dem, was jetzt geschieht, für uns alle
eine tiefere Bedeutung hat.» Wie andere Modehäuser aus Mailand, zum
Beispiel Armani, hat auch Donatella Versace Geld für
Gesundheitseinrichtungen in der Lombardei gespendet.
Zwischen Erfolgsdruck und Depressionen
Sie arbeite weiter von zuhause und mache täglich Fitnesstraining, um
in Form zu bleiben, erzählte sie dem Magazin. Sie laufe aber zuhause
nicht in Jogginghosen herum. «Ich behalte meine Schönheitsrituale
bei. Wenn man sich um sich selbst kümmert, kann man ein Gefühl der
Normalität aufrechterhalten.»
Oft wird sie in der Öffentlichkeit für ihr überschminktes, von
Schönheitsoperationen gekennzeichnetes Gesicht verspottet
(«Dönerteller Versace»). Das Gesicht gestrafft, die Augen stark
geschminkt, die Lippen unnatürlich groß. Doch in der Modewelt gilt
sie als Designer-Ikone, die das Label ihres ermordeten Bruders Gianni
Versace seit 1997 erfolgreich weiterführt.
Dabei hat sie einiges geschafft, was ihr viele kaum zugetraut hätten.
Der Druck, dem Erbe des Bruders gerecht zu werden, war groß. Und sie
litt sehr stark unter dem Tod. «Ich habe den Schmerz in der
Öffentlichkeit gelebt, aber ich konnte meinen Schmerz niemandem
zeigen», sagte sie einst in einem Interview mit der «New York Times».
«Ich habe nicht den King of Fashion verloren. Ich habe meinen Bruder
verloren.»
Den Mehrheitsanteil von 50 Prozent hatte Donatellas Tochter Allegra
nach dem Tod von Gianni Versace geerbt. 20 Prozent bekam Donatella
und 30 Prozent Bruder Santo.
Donatella kämpfte zeitweise mit Depressionen und Drogenproblemen. Die
Fachwelt beschimpfte ihre Kollektionen als Luxus-Trash, das Modehaus
häufte Schulden an. «Ich habe eine schwierige Zeit durchgemacht. Ich
war auf Entzug. Ich musste zur Ruhe kommen, gründlich nachdenken und
mein Leben neu ordnen», sagte sie 2005 in einem Interview.
Langsam erholte sich das Unternehmen. 2018 wurde es vom US-Modehaus
Michael Kors gekauft und wird nun kontrolliert über den Konzern Capri
Holdings. Damit ging auch eines der wenigen noch im Familienbesitz
verbliebenen italienischen Modehäuser in ausländische Hand. Donatella
Versace leitet aber weiter den Kreativbereich.
Versace kämpft im Luxus-Segment mit harter Konkurrenz etwa durch den
zum französischen Branchenriesen LVMH gehörenden Rivalen Louis
Vuitton und andere Nobelmarken wie Gucci und Prada. Mit ihren
schrillen Leoparden-Mustern und dem Medusakopf als Logo trifft
Versace nicht jeden Geschmack, doch Liebhaber lassen sich die Stücke
Tausende Dollar oder Euro kosten. Zu Versace-Trägern zählte neben
Lady Gaga und Sting auch Prinzessin Diana.
Der Markt brummte insbesondere dank starker Nachfrage aus China. Dort
brach die Nachfrage wegen der Corona-Krise als erstes ein. Nicht nur
Versace, sondern Luxusmodehäuser auf der ganzen Welt suchen nun nach
Auswegen. Capri Holdings erklärte Anfang April schon einmal, dass
Donatella Versace freiwillig auf ihr Gehalt verzichte, um die
finanziellen Folgen der Krise abzufedern. (dpa)
Foto: Michael Kors