Jahresrückblick 2019 – Teil 2: Juli bis Dezember

Auch 2019 war für die Modebranche ein Jahr im Zeichen des Wandels. Die Konsumgewohnheiten folgen nicht mehr den traditionellen Mustern, die Unternehmen müssen sich anpassen. Das gelang manchen besser als anderen, wieder gab es große Gewinner und Verlierer. Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen in der Branche und anhaltender weltwirtschaftlicher Risiken dürfte es auch in absehbarer Zukunft unruhig bleiben.

Heute lassen wir einige Schlüsselereignisse in den Monaten Juli bis Dezember noch einmal Revue passieren. Den Rückblick auf die erste Jahreshälfte finden Sie hier.

Berliner Modemessen suchen neue Perspektiven

Die Umbrüche in der Modebranche stellen nicht nur die Bekleidungsunternehmen vor große Herausforderungen. Auch die Messen müssen reagieren. In Berlin war während der Sommerausgabe der Fashion Week im Juli angesichts oftmals ernüchternder Besucherfrequenzen auf vielen Veranstaltungen deutlich zu spüren, dass die traditionellen Messeformate Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit. Die auf ökologische Mode spezialisierte Neonyt zählte zu den wenigen Gewinnerinnen der Saison, auch auf konventionellen Messen wie der Premium standen umweltfreundliche Marken eindeutig im Mittelpunkt.

Die Panorama setzt nach einer wenig erbaulichen Juli-Veranstaltung nun auf den großen Neustart: Im kommenden Januar wird die Messe für kommerziell ausgerichtete Marken zusammen mit ihrem Segment Selvedge Run im Januar dorthin umziehen wird.

August: Zalando wächst und baut um

Ende Juni setzte Zalando ein unübersehbares Zeichen: Der Berliner Onlinehändler bezog sein eindrucksvolle neues Hauptquartier im wachsenden Geschäftsviertel neben der Mercedes-Benz-Arena. Es ist ein Manifest des Selbstbewusstseins der 2008 gegründeten Firma, die inzwischen Milliarden Euro umsetzt. Auch mit den ersten Geschäftszahlen nach dem Umzug konnte Zalando überzeugen: Im August meldete das Unternehmen ein Umsatzwachstum um rund zwanzig Prozent für das zweite Quartal und hob die Gewinnprognose für das Gesamtjahr an.

Um weiter erfolgreich zu bleiben, justierte der E-Commerce-Spezialist in diesem Jahr sein Geschäftsmodell: Die Eigenmarkensparte zLabels wurde im Frühjahr eingestellt, stattdessen setzt das Unternehmen nun verstärkt auf ein Plattformmodell. Als Bestätigung für die Neuausrichtung wertete Co-CEO David Schneider die neuen Rekordzahlen, die Zalando im November während der für Onlinehändler so wichtigen Aktionswoche Cyber Week erzielt hatte: Die Resultate seien „ein Meilenstein“ für den Wandel des Unternehmens zur Plattform, erklärte er.

September: Esprit-CEO Kristiansen bilanziert sein erstes Jahr

die Bilanz des ersten Geschäftsjahres unter seiner Regie ziehen. Und die fiel insgesamt positiv aus: „Große Fortschritte“ habe das Unternehmen gemacht, erklärte er.

Insgesamt sahen die Resultate erneut wenig rosig aus: Der Jahresumsatz schrumpfte um rund 16 Prozent, was nicht zuletzt der Schließung zahlreicher Verkaufsstellen und dem kompletten Rückzug aus Märkten wie Australien und Neuseeland im Rahmen des Reformprogramms geschuldet war. Auch die Bruttomarge sank, weil Esprit Altbestände nur mit hohen Rabatten verkaufen konnte. Doch es gab auch Lichtblicke im Zahlenwerk: So führten die Sparmaßnahmen dazu, dass der Nettoverlust um gut 16 Prozent verringert werden konnte. Trotzdem lag er umgerechnet noch bei einer knappen Viertelmilliarde Euro. So räumte Kristiansen ein, dass es noch „viel mehr zu tun“ gebe. Sein ambitioniertes Ziel ist es schließlich, im Geschäftsjahr 2021/22 den Break-even im operativen Geschäft zu schaffen.

Oktober: Tom Tailor findet Finanzierungslösung

Beim Hamburger Bekleidungskonzern Tom Tailor Holding SE glich das Jahr zeitweise einem Thriller. Monatelang zogen sich die Verhandlungen über eine langfristige Finanzierung mit seinen Banken und dem chinesischen Konzern Fosun hin, der im Sommer die Mehrheit übernahm. Im Oktober konnte Tom Tailor ein glückliches Ende des Pokers verkünden: Alle Beteiligten hatten sich auf eine bis ins Jahr 2022 laufende Lösung geeinigt.

Langweilig wurde es bei den Hamburgern aber nicht: Kurz darauf verkündete der Konzern den Abschied von Vorstandschef Heiko Schäfer. Ab dem 1. November führt nun Gernot Lenz das Unternehmen. Auch der CFO wurde gewechselt: Christian Werner folgte auf Thomas Dressendörfer. Nun muss die neue Führungsspitze ein altes Problem lösen: Offen ist weiterhin die Zukunft der Tochter Bonita, die den Konzern verhinderten die Banken von Tom Tailor die Transaktion.

November: Milliardendeal im Luxussegment – LVMH kauft Tiffany

Zu den Gewinnern in der Modebranche zählten auch im Jahr 2019 die großen, traditionsreichen Luxuslabel. So konnte der französische Konzern LVMH, dem Marken wie Louis Vuitton, Christian Dior, Fendi oder Celine gehören, erneut beeindruckende Zahlen vorlegen und seine Stellung als globaler Marktführer im Handel mit Luxusprodukten weiter festigen. Genug ist das den Franzosen aber nicht. Im November verkündete LVMH eine spektakuläre Übernahme: Umgerechnet 14,7 Milliarden Euro lassen sie sich den Kauf des New Yorker Juweliers Tiffany kosten. Abgeschlossen werden soll die Transaktion im kommenden Jahr.

Auf der Suche nach Verstärkung ist offenbar auch Kering, der zweite französische Luxusgütergigant, der in den vergangenen Jahren vor allem von der erstaunlichen Beliebtheit seiner Hauptmarke Gucci profitierte. Berichten zufolge führte der Konzern bereits Gespräche mit der italienischen Bekleidungsfirma Moncler, die vor allem für ihre hochpreisigen Daunenjacken bekannt ist. Beide Unternehmen mochten die Übernahmespekulationen bislang aber nicht weiter befeuern.

Dezember: Hennes & Mauritz wird kreativ und wächst wieder kräftig

In den vergangenen Jahren hatte der schwedische Bekleidungskonzern Hennes & Mauritz zumeist das Nachsehen im Wettrennen mit seinem großen Konkurrenten, der spanischen Zara-Mutter Inditex. Lange hatten die Schweden auf die Veränderungen im Textileinzelhandel, etwa die steigende Bedeutung des Online-Geschäfts, nicht konsequent genug reagiert. Als sie sich entschieden, Versäumtes nachzuholen, belasteten die nötigen Investitionen das Ergebnis.

In diesem Jahr kehrte Hennes & Mauritz auf die Erfolgsspur zurück: Kurz vor Weihnachten verkündete der Konzern, dass er seinen Jahresumsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr um elf Prozent steigern konnte. Damit fiel die Wachstumsrate doppelt so hoch aus wie im Vorjahr. Auch der Gewinn stieg in den ersten neun Monaten wieder leicht an.

Überhaupt hatten die Schweden in diesem Jahr einige Neuerungen zu bieten. So stellten sie neue Vertriebsmodelle und originelle kleine Ladenkonzepte vor, die sich von den unpersönlichen Großfilialen deutlich abhoben. Zudem erweiterten sie ihr Geschäftsmodell um Bereiche, die angesichts der allgegenwärtigen Diskussion um nachhaltige Wirtschaftsformen zukunftsträchtig erscheinen: So hat Hennes & Mauritz inzwischen auch Verleihservices, Secondhandläden und Outletkonzepte im Repertoire.

Fotos: FashionUnited (2), Zalando (©Lukas Huneke), Esprit, Tom Tailor, (Fotografin: Sabine Skiba), Tiffany Facebook-Page, Hennes & Mauritz

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