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Modest Fashion: Muslimas erziehen Modebranche zur Zurückhaltung

Islamische Mode bei Chanel, Versace und
Burberry. Sport-Kopftücher bei Nike, Hidschabs aus Jeansstoff bei
American Eagle. Dazu Kollektionen zum Fastenmonat Ramadan bei Mango,
DKNY, Zara und Tommy Hilfiger. Die Modewelt, die sich in diesen
Wochen wieder zum großen Schaulaufen in New York und Paris
versammelt, scheint Muslimas endlich als Kundinnen wahrzunehmen. Doch
viele Frauen empfinden die Auswahl immer noch als zu begrenzt und
wünschen sich von den Marken mehr Feingefühl.

„Modest Fashion“ heißt das Schlagwort, unter dem zurückhaltende
Mode sich in den vergangenen fünf Jahren im Mainstream etabliert hat
– also etwa Kleidungsstücke mit längeren Säumen und Ärmeln, höheren
Halsausschnitten und blickdichten Stoffen. Models erscheinen mit
Kopftuch auf dem Catwalk, Modemagazine zeigen Muslimas auf
Titelseiten.

Der jährlich um fünf Prozent wachsende Markt soll 2023
umgerechnet 326 Milliarden Euro umfassen, heißt es im Jahresbericht
zur islamischen Wirtschaft des Medienkonzerns Thomson Reuters. Dem
Pew-Center zufolge sind Muslime auch die am schnellsten wachsende
Religionsgemeinschaft der Welt.

Und trotzdem scheint das Angebot die Wünsche der Käuferinnen oft
noch zu verfehlen. In einer Befragung von 500 muslimischen Kundinnen
der Kreativagentur ODD erklärten 86 Prozent, dass sie sich von
gewöhnlichen Modehändlern und -ketten ignoriert fühlen. 93 Prozent
der Befragten sagten, dass sie solche Geschäfte eher besuchen würden,
wenn es dort auch zurückhaltende „Modest“-Kollektionen gäbe. Die
gelegentlichen Ramadan-Reihen oder vereinzelten Werbekampagnen mit
Models im Kopftuch decken diesen Bedarf allein nicht.

Alia Khan, Vorsitzende des Islamic Fashion Design Council (IFDC)
in London, spricht von einer „Lernkurve“ – und von der Gefahr, Werte
der Käuferinnen zu missachten. Der IFDC berät unter anderem
Hersteller und Designer, damit diese nicht in Fettnäpfchen treten und
modische Teile auf den Markt bringen, anstatt nur konservative
Schnittmuster einzuhalten – wie bei der „Modest“-Kollektion eines
Luxuslabels, über die eine Influencerin vor einigen Jahren laut Khan
etwa sagte, dass sie sich an die „Tischdecke ihrer Großmutter“
erinnert fühle.

Dazu kommen veraltete Rollenmuster. Die neue Kollektion
islamischer Abaja-Gewänder beim italienischen Label Dolce & Gabbana
wird etwa als „Träumerei in Wüstendünen und im Himmel des Nahen
Ostens“ sowie als Geschichte über die „wundervollen Frauen Arabiens“
beschrieben. Ein wenig fühlt man sich an Geschichten aus
Tausendundeiner Nacht erinnert.

Dass es auch anders geht, zeigt der Online-Händler Modanisa mit
Sitz in Istanbul. 75 000 „Modest“-Artikel von mehr als 800 Designern
und Lieferanten sind dort im Angebot, 80 Prozent der Waren werden in
andere Länder verkauft. „Diese Frauen wollen sich ausdrücken, haben
aber einige Grenzen“, sagt Marketing-Direktorin Burcu Yilmaz über die
Kundschaft. Dabei gehe es nicht nur um Religion, sondern auch um das
Bedürfnis, bei einer Hochzeit, Abschlussfeier oder bei der Arbeit
zurückhaltend, aber eben modisch gekleidet zu sein.

Überhaupt gehe es nicht nur um Muslime, sagt die IFDC-Vorsitzende
Khan. Auch jüdisch-orthodoxe und christliche Frauen sowie Sikhs und
Buddhisten hätten teilweise Kleidungsvorschriften einzuhalten. Und
entgegen der Auffassung, dass diese Frauen „unterdrückt“ seien,
würden sie einen aktiven Entschluss fassen, ihre Körper zu bedecken,
sagte die jüdisch-orthodoxe Modejournalistin Michelle Honig 2016 bei
einem New Yorker Treffen zum Thema.

Professorin Reina Lewis vom London College of Fashion, die
mehrere Bücher zum Thema verfasste, hatte zurückhaltende Mode schon
im Jahr 2015 als „aufstrebende, transnationale Jugendkultur über
mehrere Religionen“ hinweg bezeichnet. „Es sind Frauen, die gute und
schöne Kleidung tragen wollen, ohne ihren Glauben zu komprimittieren
oder im Konflikt mit ihren Gesellschaften zu stehen“, sagt Burcu
Yilmaz von Modanisa: „Jede Frau hat das Recht, sich schön zu
fühlen.“

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