Sneakerjagers – Seit einem Jahr auf der Suche in Deutschland

Sneakerjagers - Seit einem Jahr auf der Suche in Deutschland

INTERVIEWFür den heiligen
Schatz unter den Schuhen campen Sneakerheads schon mal vor dem Laden, legen
eine Nachtschicht bei der Internetsuche ein oder bezahlen mehr als den
doppelten Preis im sogenannten Resale.

Die Geschichte der Sneakjagers beginnt nicht mit einem einzigartigen
Schuh, sondern vielmehr mit einem Gründer, der auf großem Fuß lebt. Tim Wanders
hat Schuhgröße 47 und hatte damit ein großes Problem. Denn mit so einer
Schuhgröße ist es meistens schwer das richtige Modell in einer passenden
Größe zu finden. Auch er verbrachte dabei viel Zeit auf der Jagd, bis dem
Niederländer eine Idee kam. Zusammen mit seinen zwei Freunden Stefan
Doppenberg und Erik Kuijsten entwickelte er die Suchmaschine für Sneakers
entwickelt – die Vision “Sneakerjagers” war geboren.

Sneakerjagers - Seit einem Jahr auf der Suche in Deutschland

Im Juli 2015 war es dann soweit und die niederländische Seite kam
online, dafür gingen die drei 2016 in den Knast. In dem Gefängnis in
Utrecht wurden sie aber nicht wegen eines Verbrechens eingesperrt, sondern
richteten wie einige weitere Start-ups ihr Büro ein. 2014 stellte die
Strafanstalt ihren eigentlichen Dienst ein und öffnete als Eventlocation
und Bürofläche De LiK.

Fünf Jahre später ist aus der Suchmaschine ein Portal für Sneakers
geworden, auf dem ein Kalender die neuen Releases anzeigt, Blogs und
Podcasts über die neusten Nachrichten informieren, und alle möglichen Tipps
und Tricks rund um die beliebten Freizeitschuhe gegeben werden. Vor einem
Jahr entschied sich Sneakerjagers auf den deutschen Markt zu expandieren
und eröffnete das internationale Büro in Amsterdam. Der Standort Utrecht
blieb aber für das niederländische Team und die Technik bestehen.

Im März 2019 startete Rebecca Cangi, als International Marketing &
Country Manager DACH, Hauptverantwortliche für Deutschland, mit dem ersten
Blog. Mittlerweile ist auch die deutsche Seite, sowie das Team größer
geworden. Insgesamt arbeiten 17 Mitarbeiter für Sneakerjagers, davon sieben
im internationalen Büro in Amsterdam.

Sneakerjagers - Seit einem Jahr auf der Suche in Deutschland

FashionUnited hat Rebecca Cangi und Mitgründer Stefan Doppenberg im
Amsterdamer Büro besucht. Gemeinsam haben wir zurück auf das erste Jahr von
sneakerjagers.de geschaut und über die Entstehung gesprochen.

Was ist das Geschäftsmodell von Sneakerjagers?

Cangi: Wir funktionieren über Filet-Marketing. Die Jungs haben die
Suchmaschine ins Leben gerufen und die muss natürlich auch gefüllt werden. Von
den Brands und Partnern können wir Nachrichten für unsere Newsblogs
beziehen. Egal ob große Marken, wie Adidas oder Nike, oder ein kleiner
Store, der vielleicht nur lokal aktiv ist. Gerade die kleinen Stores haben
teilweise echte Schwierigkeiten sich online gut in den Markt zu setzen,
sodass man alleine dafür ein Team so groß wie unseres bräuchte, um entdeckt
zu werden. Von den Großen profitieren wir durch Kooperationen. So durften
wir aktuell sogar eine eigene “Nike by You”-Option, zum Jubiläum des Air
Max 90, designen: Den Nike Air Max 90 `Time Warp´ by Sneakerjagers.

Wie war es auf den deutschen Markt zu expandieren?

Doppenberg: Da Deutsch nicht unsere Muttersprache ist, war es eine
Herausforderung für uns den deutschen Markt zu erreichen. Deswegen haben
wir nach deutschsprachigen Mitarbeitern gesucht, die den Content in ihrer
Sprache übernehmen.

Cangi: Denn obwohl die Niederlande und Deutschland sich sehr ähneln,
gibt es einige prägnante Unterschiede. Besonders wichtig ist aber auch das
Local Marketing, mit der Landessprache. Wir sind ein niederländisches
Unternehmen, dadurch dass der Deutsche aber so an seiner Sprache festhält
braucht dieser auch deutschen Input. Damit haben wir dann vor einem Jahr,
am 1. März, mit einem Blogpost angefangen und haben mittlerweile an die
2000 Posts. Auch freut es uns, dass das Team immer weiter wachsen kann.

Wie unterscheidet sich der deutsche von dem niederländischen
Sneaker-Kunde?

Cangi: Wie man sie anspricht und was sie interessiert. Auf einen Sneaker
bezogen unterscheiden sich die Kunden zum Beispiel in der Farbwahl, der
Deutsche ist dabei um einiges zurückhaltender.

In erster Instanz unterscheiden sich der Streetstyle-Kunde und
Sneakerhead nicht voneinander. Sie sind informiert, sowohl über Neuigkeiten
als auch die Historie. Der Sneakerhead ist in erster Linie gar nicht unser
Kunde, da er seine Sneakers in Raffles, Gewinnspiele um das Kaufrecht zu
erwerben, und bei speziellen Store Events jagt. Vom Sneakerhead können auch
wir lernen, denn er ist immer gut informiert. Die zweite Gruppe sind
Sneaker-Interessierte, die erst später im Trendprozess dazu kommen.

Der deutsche Sneaker-Interessierte braucht immer ein wenig länger. Der
Niederländer dagegen ist ein Early Adopter, der sich was traut und sehr
tolerant ist. Man sieht das hier in Städten, wie Amsterdam oder Rotterdam:
Wenn ich hier mit einem farbenfrohen Sneaker durch die Straßen laufe wird
das nicht so schnell angemerkt. In Deutschland kommt direkt ein “Huch”,
dass nicht unbedingt gleich schlecht sein muss aber der deutsche Kunde
merkt das direkt an, weil er eher cleaner ist. Die Farbpalette ist einfach
kleiner. Ganz nach dem Motto: “Was denkt der Nachbar.” Der Niederländer ist
da individueller und traut sich auch mal was. Aber ich habe das Gefühl, es
wandelt sich auch immer mehr und die Deutschen öffnen sich immer weiter.

Habt ihr deswegen euren Styleguide ins Leben gerufen?

Cangi: Wir hören sehr oft, dass die Sneakerbranche sehr männlich ist,
das stimmt aber gar nicht. Sie ist sportlich und das wird vielleicht
automatisch mit Männlichkeit assoziiert. Ich glaube, dass jetzt durch
Empowering und gegenseitigen Support Frauen mehr und mehr dazu kommen. Uns
ist aber aufgefallen, dass viele Frauen auch in Deutschland
Sneaker-Inspiration suchen und der Trend noch ausbaufähig ist.

Streetstyle ist heute viel mehr im Trend zu sehen und wir möchten die
Aufklärungsarbeit leisten. Das klappt am besten mit Bildern. Also einfach
mal inspirieren lassen und trotz Streetstyle noch feminin sein und das
Kleid tragen. Deshalb haben wir den Styleguide ins Leben gerufen.

Welches ist der meistgesuchte Schuh auf eurer Seite?

Doppenberg: In den Niederlanden ist es der Air Max 1 und für diese Menge
an Anfragen ist gar nicht genug Bestand vorhanden. Nike konzentriert sich
aktuell mehr auf den Air Max 90, weil dieses Jahr das 30-jährige Jubiläum
ist. In Deutschland ist es für Frauen eher der Nike Air Force 1 und der
Nike Air Max 270 React.

Cangi: In Deutschland insgesamt ist es wohl der Air Force 1, weil die
Kunden das Modell am besten nachvollziehen können. Es ist sehr universell
und lässt sich zu unterschiedlichsten Outfits kombinieren. Air Max werden
meist in farbenfrohen Varianten released, die der Deutsche nicht so schnell
aussuchen würde. Der Air Force 1 ist wesentlich schlichter und
zurückhaltender.

Sneakerjagers - Seit einem Jahr auf der Suche in Deutschland

Ein kleiner Rückblick, wie war das erste Jahr der deutschen Seite?

Cangi: Ich habe Anfang März 2019 gestartet. Dann war zuerst die Frage,
was machen wir mit der Website? Wird diese eins-zu-eins wie die
niederländische? Fangen wir schon mit Branding und Marketing an? Wir haben
uns für einen Mix entschieden, in der Basis sind wir niederländisch, aber
der Kunde erwartet halt etwas anderes. Deswegen ist die deutsche Seite auch
cleaner und nicht so wild wie die niederländische.

Nach den ersten Monaten ist das deutsche Team gewachsen und wir waren
bereits drei Leute. Für die internationalen Mitarbeiter ist ein Office in
Amsterdam zugänglicher und das fanden wir wegen unseren internationalen
Partnern auch passender als Utrecht. Der niederländische Teil ist in
Utrecht geblieben und mit den fünf internationalen Mitarbeitern sind wir
Anfang Juli nach Amsterdam gezogen. Von da an ist alles mehr und mehr ins
Rollen gekommen, wir haben die Möglichkeit bekommen alles zu verbessern,
sowohl die Posts als auch der Kundenerwartung mehr gerecht zu werden.

Wenn mich jemand fragt was in drei Monaten ist, kann ich da eher
schlecht eine Antwort drauf geben. Alles entwickelt sich so schnell. Vor
drei Wochen haben wir auf einmal mit Audio-Blogs angefangen. Irgendwie ist
kein Tag wie der andere und wir entwickeln uns immer weiter. Die
Suchmaschine lasse ich bei den Jungs (den niederländischen Gründern), die
haben die Technik, Sneakerheads und alles was man noch dafür braucht in
Utrecht. Wir in Amsterdam sind eher die, die das Wissen in Text und Bild
für den deutschen Konsumenten umsetzen.

Wie geht es weiter?

Cangi: Aktuell arbeiten wir am Ausbau unserer Seite, was sich für
Deutschland eher in Richtung Community entwickeln soll. Dadurch, dass in
den Niederlanden alles so nah beieinander liegt, verbreiten sich Trends
viel schneller auch aufs Land. Da Deutschland aber viel größer ist, geht es
nicht so leicht. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, auf die
Gemeinschaft zu setzen und mehr an zu bieten als unseren Release-Kalender
und die Suchmaschine. Wir wachsen ständig weiter und so wird sich auch das
Themenfeld erweitern. Es geht nicht mehr nur um neue Releases, sondern auch
Specials, wie unsere Crossfit-Reihe, wo es mehr um den technischen Aspekt
dreht als um einen Mode bezogenen und unsere Kunden sind auch daran
interessiert und nicht nur daran, ob der Schuh jetzt in der Farbe rauskommt.

Doppenberg: Für den niederländischen Markt können wir verkünden, dass
die zweite Staffel unseres (Video-)Podcast online geht. Moderiert wird
dieser von TV-Moderator Valerio Zeno
.

Cangi: Für den deutschen Markt ist er in etwa mit Joko Winterscheid zu
vergleichen – jung, beliebt und schon länger erfolgreich im Fernsehen.

Doppenberg: In jeder Folge sprechen unterschiedliche Gäste aus der Mode-
und Sneakerbranche. Die erste Folge der zweiten Staffel ist gerade online
gegangen. Aber wir haben auch eine ganz neue Sendung, die “Tim & Tom Show”,
bei der die Sneakerheads Tim Beumers und Tommy Triggah humorvoll über die
neusten Releases und Nachrichten sprechen. Dafür haben wir einen
Greenscreen in Utrecht und versetzten die beiden dadurch in
unterschiedlichste Situationen, wie zum Beispiel Campen vor dem
Sneakerladen. Damit haben wir am Anfang des Monats gestartet.

Plant Ihr weiter zu expandieren?

Cangi: Wir bereiten gerade den Launch einer englischsprachigen Seite
vor. Dafür wird sneakerjagers.com ausgebaut. Diese wird sich zuallererst
auf den europäischen Markt fokussieren, da hier die Release-Daten und
Informationen übereinstimmen.

Habt ihr darüber nachgedacht, euer Sortiment auf Bekleidung
auszuweiten?

Doppenberg: Natürlich sind Sneakers unser Hauptgeschäft. Aber wie man
auch auf der Straße sieht, ist Streetstyle stark mit Sneakers verwurzelt.
Das ist auch ein Grund, warum wir letzten Monat den Styleguide ins Leben
gerufen haben. Jetzt sind wir dabei, das System so zu verändern,dass auch
Bekleidung hinzukommt. Der Fokus soll aber weiterhin auf den Sneakers
liegen und die Kleidung soll das mehr unterstützen, wie Stylingvorschläge
für das passende Outfit zum Sneaker.

Zum Abschluss: Welches ist euer Lieblingssneaker?

Doppenberg: Mein All Time Favorite ist der Air Max 1. Ich bin 1987
geboren und in diesem Jahr wurde auch die Air Max Serie, mit diesem Modell,
gestartet. Es war der erste Schuh bei dem das innere der Sohle sichtbar
gemacht wurde und ist inspiriert durch das Pariser Kunstmuseum Georges
Pompidou. Ich mag einfach den Shape die Form und die Silhouette.

Cangi: Ich kann mich nicht entscheiden. Ich mag den Air Force 1, aber
den anderen Tag mag ich einen völlig anderen. Mein Team ist oft verwundert
über meine Sneakerwahl. Ich mag auf jeden Fall chunky Sneakers, wie zum
Beispiel den neuen Converse Hike mit der dicken Sohle.

Bilder: Sneakerjagers

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