Der Start war holprig. Doch inzwischen nimmt
das 2014 gegründete Bündnis für nachhaltige Textilien Fahrt auf. In
diesem Jahr planen die 120 Mitglieder mehr 1000 weitere Maßnahmen um
menschenwürdige Arbeitsbedingungen, mehr Umweltschutz und faire Löhne
in der weltweiten Textilproduktion durchzusetzen.
Erstmals müssen die beteiligten Unternehmen dabei auch
verbindlich Maßnahmen ergreifen, die darauf abzielen, dass die
Arbeiterinnen und Arbeiter in den Produktionsländern
existenzsichernde Löhne erhalten können, wie der Leiter des
Bündnissekretariats Jürgen Janssen am Montag im Gespräch mit der
Deutschen Presse-Agentur berichtete. Dazu gehöre im ersten Schritt
die Überprüfung des eigenen Einkaufsverhaltens einschließlich der
eigenen Preispolitik.
Das Bündnis war auf Initiative von Bundesentwicklungsminister
Gerd Müller (CSU) als Antwort auf tödliche Unfälle in Textilfabriken
in Bangladesch und Pakistan gegründet worden. Ziele sind unter
anderem menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der Textilproduktion,
sowie die Vermeidung gesundheitsschädlicher Chemikalien. Dem Bündnis
gehören unter anderem Modefirmen wie Adidas oder
Esprit, Handelsketten wie Hennes & Mauritz oder C&A,
aber auch Verbände, Behörden und Hilfsorganisationen an. Zusammen
repräsentieren sie nach eigenen Angaben knapp 50 Prozent des
deutschen Textilmarktes. Allerdings schrumpfte die Zahl der
Bündnismitglieder in den vergangenen zwölf Monaten durch Austritte,
aber auch durch Unternehmensinsolvenzen und Fusionen von 130 auf 120.
Textilbündnis-Mitglieder haben 1100
Vorhaben umgesetzt
Im vergangenen Jahr seien von den Bündnismitgliedern bereits 1100
Vorhaben realisiert worden, berichtete das Bündnis. Dabei seien rund
80 Prozent der gesetzten Ziele erreicht worden. Ein wichtiger Erfolg
sei bei der Baumwolle gelungen. Rund 32 Prozent der von den
Mitgliedern des Textilbündnisses verarbeiteten Baumwolle stamme
inzwischen aus dem Bio-Anbau oder aus nachhaltiger Produktion. Damit
sei die bis 2020 angestrebte Quote von 35 Prozent fast erreicht.
„Wir sehen, dass in einigen Bereichen der Markt in Bewegung
kommt. Das Wissen über Lieferketten ist heute schon wesentlich größer
als noch vor wenigen Jahren“, sagt Janssen. Das Umwelt- und
Chemikalien-Management mache große Fortschritte. „Aber es gibt weiter
dicke Bretter zu bohren – etwa beim Thema existenzsichernde Löhne.“
Von den mehr als 1000 Maßnahmen, die die Textilbündnis-Mitglieder
in diesem Jahr planen, beziehen sich fast 200 auf die schrittweise
Verbannung von 16 gefährlichen Chemikalien aus der Produktion, einen
sichereren Umgang mit Chemikalien sowie den Abwasserstandard.
Die Handelskette Rewe hat sich zum Beispiel das Ziel gesetzt,
Trainings zum Chemikalienmanagement in zehn Produktionsstätten in
Indien, Pakistan und der Türkei durchzuführen. Edeka will 25
Produktionsstätten den Zugang zu einer Plattform mit praktischen
Hilfestellungen finanzieren, um so den innerbetrieblichen
Umweltschutz in der Produktion zu verbessern.
34 Unternehmen versprechen
Einkaufspraktiken zu verbessern
Insgesamt 34 Unternehmen haben sich verpflichtet, ihre
Einkaufspraktiken zu verbessern, um einen Schritt in Richtung
existenzsichernde Löhne zu tun. Andere Firmen unterstützen
Initiativen, die Gewerkschaften in Produktionsländern und deren
Position in Tarifverhandlungen stärken. Darüber hinaus verpflichten
sich die Mitglieder des Bündnisses, Lieferanten nach
Nachhaltigkeitskriterien auszuwählen und Korruption zu bekämpfen.
Janssen ist von den Möglichkeiten des Bündnisses überzeugt: „Wenn
alle Bündnismitglieder – immerhin die Hälfte des deutschen
Textilmarktes – verbindliche Ziele anstreben, können wir viel
erreichen, zum Beispiel bei Löhnen und Arbeitnehmerrechten, bei der
Substitution von Chemikalien, beim Umwelt- und Ressourcenschutz sowie
bei der Förderung nachhaltiger Fasern“, meint er.
Doch der Weg dahin ist wohl noch weit. Berndt Hinzmann vom
entwicklungspolitischen Inkota-Netzwerk, das dem Bündnis angehört,
sieht jedenfalls noch einigen Verbesserungsbedarf. Er drängt vor
allem auf mehr Kontrollierbarkeit. Das Textilbündnis müsse nicht nur
Maßnahmenpläne liefern, sondern auch belegen, dass die geplanten
Maßnahmen tatsächlich zu besseren Lebensbedingungen für die
Beschäftigten führten.
Eine andere Schwäche des Bündnisses hatte kürzlich noch einmal
Entwicklungsminister Müller ins Visier genommen: „In Deutschland
haben sich 50 Prozent der Textilbranche dem Textilbündnis
angeschlossen. 100 Prozent sollten den Weg zu nachhaltiger, fair und
ökologisch produzierter Kleidung gehen“, verlangte er. (dpa)
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