Droht jetzt eine Entlassungswelle beim Warenhauskonzern Galeria
Karstadt Kaufhof? Das zumindest legen Mitarbeiterbriefe nahe, über die in
dieser Woche verschiedene Medien berichteten. Auch Geschäftsführer Stefan
Fanderl scheint weiter abwesend. Offiziell hüllt sich das Unternehmen in
Schweigen.
Galeria Karstadt Kaufhof könnte 80 von 170 Warenhäusern schließen
wollen, berichteten mehrere Medien am Freitag, darunter die Braunschweiger
Zeitung. In den verbliebenen Warenhäusern sollen außerdem 10 Prozent der
Stellen abgebaut werden.
Die angeschlagene Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof bereitet ihre
Mitarbeiter derzeit wohl auf Standortschließungen und einen weiteren
Stellenabbau im Zuge des Anfang April eingeleiteten Schutzschirmverfahrens
vor. In einem Brief an die Mitarbeiter berichtete die Unternehmensführung
am Montag, der gerichtlich bestellte Sachwalter Frank Kebekus und der
Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz hätten klar gemacht, dass es
angesichts der Corona-Krise „leider auch zu Standortschließungen und
dementsprechend auch zu einem Arbeitsplatzabbau kommen muss“. Angaben zur
Zahl der bedrohten Filialen oder der gefährdeten Arbeitsplätze machte das
Unternehmen nicht. Zunächst hatte das „Manager Magazin“ über den Brief
berichtet.
In dem zweiseitigen Schreiben betonte die Konzernführung, Galeria
Karstadt Kaufhof habe während der Zeit der Komplettschließungen mehr als
eine halbe Milliarde Euro an Umsatz verloren. Aufgrund der anhaltenden
Kaufzurückhaltung werde sich der Umsatzverlust wahrscheinlich sogar noch
auf bis zu eine Milliarde Euro erhöhen. Deshalb seien weitere
Sanierungsmaßnahmen nötig, um das Unternehmen nachhaltig gesund
aufzustellen. Das Schutzschirmverfahren läuft noch bis Ende Juni. Bis dahin
muss entschieden werden ob und wie der Warenhauskonzern weitermacht.
Die zuletzt berichtete Zahl von 80 Standortschließungen erinnert auch
stark an die Anzahl der möglichen Filialschließungen, die vor dem
Zusammenschluss von Karstadt und Galeria Kaufhof kolportiert wurde. Genau
diese Ähnlichkeit kritisiert die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.
Gewerkschaft Verdi wirft Galeria Karstadt Kaufhof vor, die
Corona-Krise für
Kahlschlag zu missbrauchen
„Das ist brutal! Es hat den Anschein, dass die Unternehmensleitung und
der Eigentümer die Corona-Krise missbrauchen, um ihre ursprünglichen
Planungen von Standortschließungen und Entlassungen doch noch umzusetzen“,
sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger in einer
Mitteilung am Freitag.
Noch vor Weihnachten habe der Konzern die Zukunft für das Warenhaus
und damit auch eine Standort- und Beschäftigungssicherung
tarifvertraglich zugesichert, heißt es seitens von Verdi. „Wenige Wochen
später kommt jetzt die
Umkehr und ein Kahlschlag auf Kosten der Beschäftigten. Eine
Umsetzung dieser Planung hätte verheerende Auswirkungen auf die rund
35.000 Beschäftigten bei Galeria Karstadt Kaufhof und im Konzern“, sagte
Nutzenberger. Betroffen seien laut Verdi auch Beschäftigte bei
Karstadt Feinkost, Karstadt Sports, der Gastronomie mit Dinea und Le
Buffet sowie des Logistikbereichs.
Für die Belegschaft des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof
hatte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart Lösungen im Interesse der
Mitarbeiter gefordert. „Beim geplanten Abbau von Arbeitsplätzen müssen
sozialverträgliche Lösungen gefunden werden“, sagte Pinkwart der
Düsseldorfer „Rheinischen Post“ am Mittwoch. Die Landesregierung stehe in
engem Austausch mit dem Unternehmen und dem Betriebsrat und beobachte die
Entwicklung sehr genau. Zurückhaltend gab sich der Minister noch, was
mögliche Landeshilfen angeht: „Galeria Karstadt Kaufhof befindet sich
aktuell in einem Schutzschirmverfahren. Das setzt uns aus
beihilferechtlichen Gründen Grenzen.“
Ehemalige Geschäftsführerin kehrt zurück, wo ist Fanderl?
Die ehemalige Managerin Claudia Reinery soll wieder zurück bei Galeria
Karstadt Kaufhof sein, berichtete das Manager Magazin am Dienstag. Nach
Informationen aus dem Unternehmensumfeld soll Reinery mehrere Tage pro
Woche als Beraterin für den Einkauf und das Marketing des Essener Konzerns
tätig sein.
Die Rückkehr überrascht, weil die ehemalige Geschäftsführerin den
Konzern erst Ende Februar aus persönlichen Gründen verlassen hatte. Während
das Unternehmen die Mitarbeiter auf Standortschließungen vorbereitet,
scheint auch Geschäftsführer Stefan Fanderl noch nicht zurück bei der
Arbeit zu sein.
Fanderl befinde sich „in einer längeren, aufgeschobenen Reha-Maßnahme“,
sagte Frank Kebekus, der im Zuge des Schutzschirmverfahrens eingesetzte
Sachwalter, Mitte April gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Fanderl ist nach Informationen der Zeitung Die Welt Stand Anfang Mai seit Wochen nicht mehr in der
Essener Zentrale des Warenhauskonzerns gesichtet worden. Er wurde bisher auch nicht offiziell abberufen. Nach den
jüngsten Medienberichten scheint er auch weiterhin abwesend. Auf eine Bitte zur Stellungnahme zu den Medienberichten hat Galeria Karstadt Kaufhof bis jetzt nicht reagiert.(FashionUnited/dpa)
Bild: Berliner Karstadt-Filiale wegen Coronavirus-Maßnahmen
geschlossen / Odd ANDERSEN / AFP