Hauptversammlung bei Tom Tailor: «Bonita ist ein Desaster»

Der Hamburger Modekonzern Tom Tailor will seine
Problemtochter Bonita rechtlich und wirtschaftlich verselbstständigen
und damit die Bürde leichter machen. Ein Gewinnabführungsvertrag, der
Tom Tailor auch zur Übernahmen von Bonita-Verlusten verpflichtet,
wurde deshalb gekündigt, teilte der Vorstand bei der Hauptversammlung
für das Geschäftsjahr 2018 am Mittwoch in Hamburg mit. Tom Tailor
hatte Bonita eigentlich im März bereits an den niederländischen
Konzern Victory & Dreams verkauft. Doch die beteiligten Banken hatten
Zweifel an dem Businessplan des Käufers und stimmten deshalb dem
Verkauf nicht zu.

Gleichwohl sei das Management für die Zukunft von Bonita wieder
zuversichtlicher als noch vor einem Jahr. Er könne keine Garantie für
eine Trendwende geben, aber erste Zahlen zeigten, dass Bonita auf
einen gutem Weg sei, sagte Bonita-Chef Karsten Oberheide. «2018 war
ein schlechtes Jahr», sagte er. Während der Textilhandel in
Deutschland insgesamt rund zwei Prozent Umsatz verloren habe, waren
es bei Bonita 15,7 Prozent. «Wir haben unsere angestammten, loyalen
Kundinnen vernachlässigt und die angestrebte jüngere Zielgruppe nicht
erreicht.» In der Folge sammelten sich enorme Mengen unverkaufter
Kleidung, die mit hohen Nachlässen in Sondergeschäften abverkauft
werden musste. «Das Problem ist gelöst, wir haben eine bessere
Startsituation für 2020.» Bonita bietet Damenmode für eine ältere
Zielgruppe ab 50 Jahren an.

Weil die Hauptmarke Tom Tailor halbwegs in der Spur läuft,
konzentrierte sich auch die Kritik der Aktionäre auf die
Tochtergesellschaft. «Bonita hat den gesamten Konzern über die Jahre
belastet», sagte Markus Neumann von der Schutzgemeinschaft der
Kapitalanleger (SdK). Tom Tailor hatte Bonita 2012 für einen
Kaufpreis von 240 Millionen Euro übernommen und sich Einspareffekte
erwartet, die jedoch nach Eingeständnis der Vorstandes nie eintraten.
«Bonita ist ein Desaster», sagte Neumann. Ohne die Hilfe des
Großaktionärs Fosun und der Banken hätte Bonita den gesamten Konzern
in den Abgrund reißen können.

Der chinesische Konzern Fosun hatte im Zuge einer Kapitalerhöhung im
Laufe dieses Jahres seine Beteiligung an Tom Tailor auf mehr als 30
Prozent ausgebaut und musste daher allen Aktionären ein
Übernahme-Angebot unterbreiten. Trotz unattraktiver Konditionen
machten viele der freien Aktionäre davon Gebrauch, so dass Fosun eher
unfreiwillig mit knapp 77 Prozent Mehrheitsaktionär von Tom Tailor
wurde. Das Jahr war überaus turbulent, die Vorlage der Jahresbilanz
musste mehrfach verschoben werden, auch der Vorstandsvorsitzende und
der Finanzchef mussten gehen. Im Gegensatz zu etlichen anderen
Mode-Ketten – Finanzchef Christian Werner sprach von 18 Insolvenzen
in der Branche – konnte Tom Tailor dank der Rückendeckung von
Großaktionär und Banken jedoch den Weg zum Insolvenzgericht
vermeiden. (dpa)

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