Die Pariser Haute Couture-Laufstege sind kein Ort, an den man schnell
eingeladen wird – nur etwa zwölf der angesehensten Luxuslabels der Welt
dürfen ihre Kreationen „Haute Couture“ nennen, darunter Dior, Chanel,
Givenchy und Jean Paul Gaultier, und die meisten von ihnen sind
französischer Herkunft. Zwei Designer, die nicht nur außerhalb Frankreichs,
sondern außerhalb Europas tätig sind, haben es jetzt geschafft, in diesen
elitären Club aufgenommen zu werden: Rahul Mishra aus Indien und Imane
Ayissi aus Kamerun.
Am Donnerstag gingen die beiden als der erste indische und erste
schwarzafrikanische Designer in die Geschichte ein, indem sie auf dem
Pariser Haute Couture Laufsteg ihre Kreationen vorstellten. Während Ayissi
zeitgenössische westliche Mode aus organischem Faso Dan Fani (ein
Baumwollstoff aus Burkina Faso) zu afrikanischer Musik zeigte, ließ sich
Mishra vom Schnorcheln in den Malediven und der Vorliebe seiner
vierjährigen Tochter für den Film „Madagaskar“ inspirieren.
Leicht ist es nicht, eine Einladung von der Mode-Abteilung der
französischen Handelskammer zu erhalten, die die strengen Kriterien für
Haute Couture festlegt. Zum einen müssen alle Kleidungsstücke handgemacht
sein, zum anderen müssen sich die Designer ganz ihrer Kunst widmen. Obwohl
einzelne Haute Couture-Kreationen für Zehntausende Euro verkauft werden,
ist die Haute Couture an sich nicht besonders profitabel (da limitiert und
zeitaufwendig), es sei denn, sie wird mit einer Pret-a-porter-Linie oder
anderen Geschäftsmodellen unterstützt.
„Es ist eine Ehre“, kommentierte der 51-jährige Ayissi, der sich wieder
und wieder für die Auszeichnung bewarb. „Ich kämpfe seit 28 Jahren und habe
mein ganzes Leben der Arbeit gewidmet. Der französische Verband für Haute
Couture und Mode öffnete mir seine Tür, nachdem er meine Bewerbung viele
Male abgelehnt hatte, weil es nicht der richtige Zeitpunkt war oder meine
Arbeit nicht den Erwartungen entsprach. Aber diesmal hat es funktioniert.“
Der 41-jährige Rahul Mishra ist ein Überflieger, dem Preise und
Auszeichnungen folgten, nachdem er sich für die Mode entschied: 2006
erhielt er ein Stipendium für das angesehene Istituto Marangoni in Mailand,
dessen Botschafter er jetzt ist, und 2014 gewann er als erster indischer
Designer den begehrten Internationalen Woolmark Preis. 2017 eröffnete er
seinen ersten Flagshipstore in New Delhi; ein Jahr später in Mumbai.
Er beschäftigt zudem 1.500 Kunsthandwerker in ganz Indien. „Globale
Luxusmarken arbeiten bereits mit unseren Kunsthandwerkern. Es ist einfach
an der Zeit, dass indischen Talente unsere Tradition der Welt auf den
richtigen Plattformen präsentieren“, erklärte Mishra laut Hindustan Times.
Ayissi ist es wichtig, dass afrikanische Mode nicht nur mit Wachsdruck
verbunden wird, den er „kolonial“ nennt: „Wenn wir über afrikanische Mode
sprechen, geht es immer um Wachs, was wirklich schade ist, denn es tötet
unser eigene afrikanische Tradition“, erklärt er. Holländische
Textilfabriken überschwemmten Afrika mit Baumwollstoffen in bunten Mustern,
die der indonesischen Batik aus dem 19. Jahrhundert entliehen wurden, und
bis heute den Markt dominieren.
Ayissi bemüht sich deshalb, traditionelle Stoffe wie Kente-Stoffstreifen
zu verwenden, die von den Akan-Völkern in Ghana und der Elfeinbeinküste
gewebt werden, oder Techniken aus Benin und Ghana oder eben den in Paris
vorgestellten organischem Faso Dan Fani. Er hat auch Obom als Dekoration
für einige seiner Abendkleider benutzt, die Rinde eines tropischen Baumes,
um das Können heimischen Know-hows zu beweisen.
Haute Couture-Schauen finden nur in Paris statt und die Kriterien, im
elitären Club der Mode bleiben zu können, werden streng nach französischen
Recht eingehalten.
Foto: Imane Ayissi