Billionen gegen den Wirtschaftskollaps: Wie Staaten weltweit helfen

Geschlossene Läden, leere Restaurants, verwaiste Fabriken: So wichtig die
Schritte gegen das Coronavirus sind – die globale Wirtschaft bringen sie
zum Erliegen. Jetzt ist es an den Regierungen, Pleitewellen und massiv
steigende Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Staaten und Notenbanken weltweit stemmen sich gegen die verheerenden
wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie. Doch nicht nur die dafür
eingeplanten Summen sind unterschiedlich, sondern auch die Instrumente.
Mancherorts bekommen Verbraucher Direktzahlungen, andernorts nicht.

USA: Republikaner und Demokraten haben sich in der Nacht auf Mittwoch auf
ein gigantisches Hilfspaket geeinigt. Laut Präsident Donald Trump soll es 2
Billionen Dollar umfassen. Dabei soll es auch direkte Hilfszahlungen an die
Steuerzahler geben. Für viele Amerikaner ist das bitternötig. Denn im
Vergleich zu anderen Industrieländern haben die USA ein wenig ausgeprägtes
Sozialsystem – und erste Daten weisen auf einen deutlichen Anstieg der
Arbeitslosigkeit hin. Teil des Programms sind denn auch deutliche
Verbesserungen der Arbeitslosenversicherung.

Zudem soll viel Geld in Krankenhäuser fließen, und Unternehmen sollen
leichter Kredite bekommen. Die Firmen von Trump und seiner Familie jedoch
können dem demokratischen Senator Chuck Schumer zufolge keine Hilfskredite
in Anspruch nehmen. Dies sei für Firmen von Regierungsmitgliedern explizit
verboten worden. Die US-Notenbank Fed senkte bereits die Zinsen stark,
stärkt die Dollar-Versorgung und erklärte sich bereit, zur Sicherung der
Finanzstabilität unbegrenzt Wertpapiere aufzukaufen.

DEUTSCHLAND: Strauchelnde Firmen sollen durch ein unbegrenztes
Kreditprogramm zahlungsfähig bleiben. Zudem sind für Selbstständige und
kleine Firmen 50 Milliarden Euro Direkthilfen vorgesehen – denn viele haben
es schwer, über die Runden zu kommen. Große Unternehmen dagegen sollen
unter einen Schutzschirm mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro
schlüpfen können, notfalls kann es Verstaatlichungen geben. Ein besonders
wichtiges Thema sind in Deutschland auch die Sozialversicherungsbeiträge –
denn die sind im Vergleich zu manch anderem Land hoch. Arbeitgeber in Not
können die Beiträge nun erstmal bis Mai stunden. Eigentlich wären Beiträge
schon diesen Freitag fällig, es geht um 40 Milliarden Euro. Auch die
Kurzarbeiterregelung ist eine enorme Entlastung und kostet Milliarden.
Sozialkassen hatten hierzulande zuletzt ein ordentliches Finanzpolster
aufgebaut.

FRANKREICH: Für Unternehmen und Beschäftigte sind Hilfen im Volumen von
rund 45 Milliarden Euro vorgesehen. Wirtschafts- und Finanzminister Bruno
Le Maire sprach von einem «Wirtschafts- und Finanzkrieg». Bei dem Notplan
geht es vor allem darum, von der Krise stark betroffenen Unternehmen die
Zahlung von Sozialabgaben und Steuern zu stunden. Der Staat unterstützt
zudem Kurzarbeit. Um große, strategisch wichtige Unternehmen notfalls zu
retten, werden wie auch in Deutschland Verstaatlichungen nicht
ausgeschlossen. Anders als etwa in den USA ist das in Frankreich ohnehin
nicht außergewöhnlich. Der Staat ist schon jetzt in zahlreichen Unternehmen
als Aktionär präsent, etwa beim Autobauer Renault.

ITALIEN: Das hoch verschuldete Land wurde von der Epidemie besonders hart
erwischt. Deshalb sind Hilfen für Krankenhäuser extrem dringend. Die Zahl
der Intensivbetten muss massiv erhöht werden. Für die Wirtschaft insgesamt
hat Rom ein erstes Hilfspaket in Höhe von 25 Milliarden Euro geschnürt –
ein weiteres ist geplant. «Ich kann im Moment nicht sagen, ob es 50 oder 70
oder 100 Milliarden Euro sein werden, aber es wird sicherlich die größte
Maßnahme der letzten Jahrzehnte sein», sagte Premier Giuseppe Conte.
Vorerst sollen rund zehn Milliarden Euro in den schwächelnden Arbeitsmarkt
fließen, etwa für Kurzarbeit. Bürger in Not, die nicht zur Arbeit können,
bekommen mehrere hundert Euro Nothilfe. Steuerzahlungen können aufgeschoben
werden. So will sich die Regierung auch die Unterstützung der Bürger
sichern – denn die oft streik- und protestierfreudigen Italiener müssen
derzeit viel ertragen und ihr Leben stark ändern.

SPANIEN: 200 Milliarden Euro – das ist ein Fünftel der Wirtschaftskraft des
Landes. So viel nimmt die Regierung zur Stützung der Wirtschaft in die
Hand. Ministerpräsident Pedro Sánchez sprach vom größten Maßnahmenpaket in
der Geschichte der spanischen Demokratie. Arbeitslose sollen unterstützt
und ein Zusammenbruch der Produktion sowie Pleiten verhindert werden. Auch
ein Zahlungsaufschub für Hypotheken ist vorgesehen – speziell für
Angestellte, die wegen der Krise ihre Arbeit verlieren und Selbstständige
mit drastischen Einkommensrückgängen. Spanien droht ein Déjà-vu: Zuletzt
hatte sich das Land von der schweren Schuldenkrise erholt. Vor allem die
Arbeitslosigkeit war kontinuierlich zurückgegangen.

EU: Während die Staaten heimische Unternehmen mit Milliarden stützen und
sich dafür hoch verschulden, will Brüssel wiederum den Staaten helfen. Zur
Debatte stehen Mittel aus dem Eurorettungsschirm ESM, der mit über 400
Milliarden Euro ausgestattet ist. Eurogruppen-Chef Mario Centeno spricht
von einer «Pandemie-Krisen-Unterstützung» und rechnet mit einer Einigung in
den kommenden Tagen. Bereits ausgesetzt wurden die Schulden- und
Defizitregeln, um den Staaten mehr Spielraum zu geben. Auch sogenannte
«Corona-Anleihen» für die gemeinsame Schuldenaufnahme sind im Gespräch.
Neun Länder, darunter Italien und Frankreich, haben in einem Brief dafür
votiert. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnte jedoch vor
einer «Geister- und Gespensterdebatte».

Große Hilfe für den Euroraum leistet bereits die Europäische Zentralbank
(EZB), die mit besonders günstigen Krediten und einem 750 Milliarden Euro
schweren Anleihekaufprogramm die Zinsen niedrig halten will. Die
EU-Kommission will zudem europäische Unternehmen vor Übernahmen schützen
und hat entsprechende Leitlinien herausgegeben.

ASIEN: Anders als nach der jüngsten Finanzkrise hat China bislang kein
gewaltiges Konjunkturprogramm angekündigt. Stattdessen sieht man das
Schlimmste in der Coronavirus-Krise schon hinter sich. Die Beschränkungen
in der Provinz Hubei, von wo das Virus sich auszubreiten begann, werden
teilweise aufgehoben. Angeschoben hat die Regierung jedoch Steuersenkungen
und andere Erleichterungen. Südkorea plant Wirtschaftshilfen von
umgerechnet fast 74 Milliarden Euro. Japan will Medienberichten zufolge
umgerechnet etwa 124 Milliarden Euro in die Hand nehmen. Ähnlich wie in den
USA könnten davon Verbraucher direkt profitieren – denn es geht demnach
etwa um die Ausgabe von Bargeld und Geschenkgutscheinen an die
Öffentlichkeit. (dpa)

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