Die beiden Branchenverbände, der British Fashion Council (BFC) in London
und der Council of Fashion Designers of America (CFDA) mit Sitz in New York
haben ihre Kräfte gebündelt und einen offenen Brief herausgegeben, in dem
sie zu einer globalen „Zurückstellung“ der Art und Weise aufrufen, wie die
Modeindustrie Geschäfte macht und ihre Kollektionen präsentiert.
In dem Brief mit dem Titel „The Fashion Industry’s Reset“ heißt es, dass
die Covid-19-Pandemie der Modewelt die Möglichkeit eröffnet, die Art und
Weise, wie Modemarken und Designer ihre Kollektionen zeigen und wie sie
arbeiten, zu „überdenken und neu auszurichten“, einschließlich eines
Schwerpunkts auf „nicht mehr als zwei“ Kollektionen pro Jahr.
„Wir sind uns einig in unserer unerschütterlichen Überzeugung, dass sich
das Modesystem ändern muss, und zwar auf allen Ebenen. Wir hören vielen
Gesprächen zu, die gerade stattfinden“, so der BFC und CFDA. „Diese
Veränderungen sind schon seit einiger Zeit überfällig, und die Auswirkungen
des Coronavirus haben uns alle gezwungen, dem Prozess des Überdenkens, wie
unsere Branche funktionieren sollte, Priorität einzuräumen.
Die gemeinsame Erklärung folgt auf den offenen Brief von Dries Van Noten
von vor zwei Wochen, der von Designern wie Joseph Altuzarra und Mary
Katrantzou unterzeichnet wurde und in dem die Umgestaltung und
Neuausrichtung des Terminkalenders der Modenschauen gefordert wird. Tage
später folgte eine Initiative von Business of Fashion, die ebenfalls
radikale Veränderungen fordert.
BFC und CFDA ermutigen ihre Marken, Designer und Einzelhändler, die „das
schnelle, unversöhnliche Tempo der Mode gewohnt sind, es zu verlangsamen“,
und stellen fest, dass angesichts der sich durch die Coronavirus-Krise
stapelnden Lagerbestände jetzt die Zeit gekommen sei, den Kollektionszyklus
zu betrachten und „sehr strategisch mit ihren Produkten umzugehen und zu
überlegen, wie und wann sie sie verkaufen wollen“. Vor diesem Hintergrund
wird Designern dringend empfohlen, sich auf „nicht mehr als zwei
Hauptkollektionen pro Jahr“ zu konzentrieren.
BFC und CFDA fordern „nicht mehr als zwei Hauptkollektionen“ pro Jahr
„Wir glauben fest daran, dass dies unseren Talenten die Zeit geben kann,
die sie brauchen, um sich wieder mit der Kreativität und dem Handwerk zu
verbinden, die unseren Bereich überhaupt erst so einzigartig machen. Ein
langsameres Tempo bietet auch die Möglichkeit, das Stressniveau der
Designer und ihrer Teams zu senken, was sich wiederum positiv auf das
allgemeine Wohlbefinden der Branche auswirken wird“, fügen die beiden
Verbände hinzu.
Dies wird eine Verschiebung des Lieferplans ermöglichen, so dass der
Verkauf von Artikeln „näher an der Saison, für die sie bestimmt sind“,
erfolgen kann.
In Bezug auf Modenschauen empfehlen BFC und CFDA, dass Marken, sobald
die Pandemie vorüber ist, versuchen sollten, diese „während des regulären
Terminkalenders und in einer der globalen Modemetropolen zu präsentieren,
um die Belastung für Einkäufer und Journalisten zu vermeiden, ständig
unterwegs zu sein und den CO2-Fußabdruck jedes Einzelnen erheblich zu
vergrößern“.
Für die kommende Frühjahr/Sommer-Saison 2021 stellt der Brief fest, dass
„physische Präsentationen vor Ort wahrscheinlich unmöglich“ seien; beide
Verbände würden jedoch dabei helfen, „virtuelle Präsentationen“ zu
organisieren, um die Kollektionen hervorzuheben.
Der Brief betont auch, dass Nachhaltigkeit im Mittelpunkt der Diskussion
stehen müsse: „Durch die Schaffung von weniger Produkten mit einem höheren
Maß an Kreativität und Qualität werden Produkte aufgewertet und ihre
Haltbarkeit verlängert“.
Zum Abschluss der gemeinsamen Erklärung fügten der BFC und CFDA noch
hinzu: „Die Notwendigkeit, sich in diesen Zeiten als globale Industrie
anzugleichen, ist offensichtlicher geworden. Wir werden weiterhin Seite an
Seite arbeiten, wobei jede Stadt ihre eigenen lokalen Initiativen
entwickelt. Mode ist ein Geschäft der Kreativität, und neue Ideen und
schwierige Zeiten sind auch Zeiten der Innovation. Wir werden zum Nutzen
unserer Branche arbeiten, während wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern und
Partnern eine erfolgreiche Zukunft neu erfinden und schaffen.”
„Wir kennen die Schwierigkeiten, die Sie alle in dieser schrecklichen
Zeit durchmachen, und wir sind hier, um Ihnen zu helfen und Ihnen auf jede
erdenkliche Weise Informationen zur Verfügung zu stellen”, endet der Brief.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited UK. Übersetzt
und bearbeitet von Simone Preuss.
Foto: mit freundlicher Genehmigung von BFC/London Fashion Week