Früher für eine kleine Gruppe an Konsumenten zugänglich, verbreitet sich
die Praxis des „Private Shoppings“ immer mehr. Gerade jetzt, wo der Akt des
Einkaufens in einer Boutique zu einem ausgeschilderten Hindernislauf
zwischen Maskenpflicht, Desinfektionsmittel und Klebeband wird, haben die
Marken mit einer personalisierten Herangehensweise an das Einkaufen
reagiert. Um den Verbrauchern den Weg zurück in ihr Geschäft zu
erleichtern, entscheiden sich immer mehr Marken für private Termine im
Geschäft.
Als „einzigartiges Erlebnis“ angekündigt, bietet die Marke Roseanna
ihren Kundinnen in ihren Pariser und Lyoner Boutiquen „eine Stunde Private
Shopping für [sie] und vier ihrer Freundinnen“ an, sagt sie in einer
Pressemitteilung. Sie versäumt es nicht, ihre Kundin zu beruhigen, indem
sie angibt, dass „alle gesundheitlichen Vorkehrungen getroffen wurden, um
sie ganz entspannt willkommen zu heißen“. Darüber hinaus unterscheidet die
Marke dieses „Private Shopping“-Angebot von echtem „Personal Shopping“, das
aus einem Gespräch mit einem Experten per Telefon oder Video besteht.
Ähnlich kündigte die Denim-Marke Kaporal am 19. Mai die Einführung eines
neuen kostenlosen Kundendienstes namens „Instant VIP“ an, der die
Wiederaufnahme des Einkaufens in ihrem Filialnetz begleitet. Die Marke hat
ihr Angebot entsprechend den Bedürfnissen ihrer Kunden angepasst, indem sie
ein „Instant VIP-Shopping“ anbietet, bei dem KundInnen mit der Familie
kommen und eine der Boutiquen für 30-45 Minuten für sich haben können.
„Instant VIP solo“ bietet an, allein zu kommen und von einer persönlichen
Stilberatung zu profitieren, „Instant VIP meine Einkäufe“ lässt KundInnen
ein Paket abholen oder eine Rücksendung erledigen.
Es bestehen Unterschiede zwischen diesen Ansätzen und dem sogenannten
klassischen „Personal Shopping“, wie es in Kaufhäusern wie Le Bon Marché
angeboten wird. So sind die gekauften Produkte keine Luxusartikel und die
Maßnahme beruht in erster Linie auf den Zwängen der von den Behörden
auferlegten Gesundheitsmaßnahmen. Darüber hinaus „gehören die Kunden, die
normalerweise vom Personal Shopper Service profitieren, oft zu den
wohlhabenden oder sogar sehr wohlhabenden Schichten“, sagt Isabelle Dubern
in dem Buch Personal Shopper: le conseiller en luxe (2009). Diese
Vision des „Personal Shopping“ wurde jedoch in den letzten Jahren durch die
Initiativen großer Fast-Fashion-Marken wie H&M, die auch einen „Personal
Stylist“-Service anbieten, aufgebrochen. Auf der anderen Seite haben auch
die Pure-Player einen ähnlichen Prozess durchlaufen und das Angebot an das
Online-Angebot angepasst. Im Jahr 2019 lancierte insbesondere Amazon den
„Personal Shopper by Prime Wardrobe“, einen Service, der den Abonnenten von
Prime Wardrobe die Möglichkeit bietet, jeden Monat ihre Kleidung
auszuwählen.
Die an Marken außerhalb des Luxussektors angepasste Praxis ist also
keineswegs neu. Seine Umsetzung ist jedoch nennenswert, da es angemessen
auf die Krisensituation durch Covid-19 reagiert und teilweise das
Shoppingerlebnis von morgen definieren könnte.
Entspanntes und maßgeschneidertes Einkaufen
In ihrer Studie Future Consumer 2022 listet die Trendagentur WGSN vier
Tendenzen auf, die das Verbraucherverhalten in Zukunft bestimmen werden.
Darunter jene der Angst und einer desynchronisierten Gesellschaft, in der
die Menschen ihre bisherigen Aktivitäten zwar fortsetzen, aber nicht mehr
synchronisiert. Die Praxis des „private Shoppings“ reagiert auf diese
beiden Eindrücke, indem sie einerseits die Sicherheit des Kunden
gewährleistet und sich andererseits durch die Vereinbarung eines Termins an
seine neuen Zeitpläne anpasst.
Da diese personalisierten Einkaufsmomente meist mit einer Privatisierung
des Geschäfts einhergehen, vermitteln sie ein Gefühl der Ruhe und
Entspannung. Dies ist laut WGSN genau das, wonach die Kunden jetzt suchen.
Die Trendagentur veranschaulicht dies am Beispiel der spanischen
Supermarktkette Consum, die 2019 ein neues Geschäft eröffnete, das der Ruhe
und dem Seelenfrieden zuträglich ist: ein spezieller Bodenbelag, der den
Lärm reduziert, beleuchtete Displays am Boden, und eine geringere
Regalhöhe, um eine Überlastung der Kunden zu vermeiden.
Darüber hinaus widerspricht „Personal Shopping“ einer gewissen
Passivität des Kunden. Einen Termin zu vereinbaren ist bereits eine Form
der Verpflichtung. Genauso wie die Livestream-Technologie, die von Marken
verwendet wird, einen aktiven Verbraucher anzieht, der nach Rat und
menschlicher Interaktion sucht, sollte der persönliche Einkauf einen
aktiven Verbraucher ansprechen, der von WGSN als „Optimist“ bezeichnet
wird..
Bild : Vestiaire Collective
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk
veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung:
Barbara Russ